Beim Stillen den Durst nach Kaffee stillen – darf ich das?

Ob du nun Malzkaffe beim Stillen oder deinen Durst mit echtem Kaffee stillen willst - beides hat seine Vor- und Nachteile, und es sieht hervorragend aus.
Besser stehen lassen oder beruhigt trinken?

Kaffee und Stillen

Wie schön es doch früher war!

Nach einer anstrengenden Woche hattest du es dir verdient, am Samstagabend auch mal länger wach zu bleiben. Denn du wusstest: Am Sonntag hast du nichts vor – außer ausschlafen, dich strecken, und dann irgendwann, als einzigen Programmpunkt des Tages: deinen Durst nach Gemütlichkeit mit Kaffee stillen.

Hach. War das herrlich damals.

Und jetzt?

Jetzt haust du dir die Abende und Nächte mit Windelwechseln um die Ohren. Mit Ich-will-an-die-Brust-Geschrei und stundenlangem Clusterfeeding. Mit Baby-Bauchschmerz-Beschallung. Mit viel, viel, viel zu wenig Schlaf.

Und du bist hundemüde.

Die Wochentage verschwimmen, und es könnte genauso gut Mittwoch oder Sonntag sein, als du es eines Morgens schaffst, dich ohne dein noch schlafendes Baby aus dem Bett zu stehlen. Du gehst in die Küche, um schon mal das stehen gebliebene Geschirr einzuräumen (der Papa ist auch müde …), und automatisch schnellt dein Puls hinauf, als du aus dem Augenwinkel die Espressomaschine erblickst.

„Kaffee!“, denkst du. Ein Lächeln fährt in dein Gesicht. Aber dann kommt schon der nächste Gedanke, und er trifft dich mit Wucht: Du stillst doch noch! „Kaffee und Stillen – darf ich das überhaupt?“

Vor der Frage stehen täglich wahrscheinlich zigtausende Frauen. Ich möchte versuchen, diese Frage so genau wie möglich zu beantworten, aber – Spoiler Alarm – es gibt keine ganz klare Antwort darauf.

Beim Stillen Koffein schlürfen – das Problem

Eine Kaffeebohne besteht natürlich aus mehr als reinem Koffein. Da sind Zucker, Fette und Proteine drin, aber sind wir mal ehrlich: Würde der Kaffee nicht erstens hervorragend zu Milch und Zucker passen, wäre er den meisten von uns zu bitter. Und würde er kein Koffein enthalten, wäre er nie so berühmt geworden, wie er es nun mal ist.

Es geht natürlich um das Koffein bei der Frage, ob es okay ist, Kaffee beim Stillen zu trinken, (oder vor oder nach dem Stillen).

Die Problemlage ist eigentlich schnell klar: Kaffee macht wach. Und Babys sollen nicht wach sein, oder zumindest weniger, als sie es oft sind, und schon gar nicht sollen sie müde sein und gleichzeitig nicht schlafen können – denn wir lieben sie, und wollen dass es ihnen gut geht. Und wir wollen auch, dass es unseren Nerven gut geht.

Wir müssen uns zuallererst fragen, ob das Koffein in die Muttermilch übergeht, und die Antwort lautet: Ganz klar ja. Und zwar schnell, und auch nicht zu knapp.

Du kannst also davon ausgehen, dass jeder Kaffee, den du trinkst, sich in Form von Koffein in der Muttermilch und dann auch in deinem Baby wiederfinden wird. Das Baby nimmt die Milch auf, verdaut sie, und das Koffein geht in seine Blutbahn über. Es gibt keinen vernünftigen Grund zu hoffen, dass es dann im Körper des Babys nicht ähnliche Wirkung entfaltet, wie bei dir.

Aber ob diese Wirkung schädlich ist, ist offen.

Schlaflose Babys mit Bauchschmerzen

Neben dem wachmachenden Effekt des Kaffees gibt es einen weiteren Aspekt, den ich bisher nicht angesprochen habe: Den Effekt, den Kaffee und Koffein auf den Magen-Darm-Trakt haben. Ich sage es mal so, wie es immer auf den Süßstoff-Packungen steht: „Kann in hohen Dosen abführend wirken“. Beim Kaffee, das weiß jeder Italiener, der einen Espresso zum Frühstück trinkt, reicht auch manchmal eine kleine Dosis.

Diese beiden Dinge gilt es also zu untersuchen: Wird mein Baby schlaflos, wenn ich Kaffee trinke und stille? Und kriegt es am Ende gar Durchfall oder Bauchschmerzen?

Man sollte meinen, dass es viele Studien gibt, die den Effekt von Kaffee während Stillen und Schwangerschaft untersucht haben. Aber leider stimmt das nicht. Es gibt nur einen Aspekt, der relativ gut untersucht ist: Der Effekt, den Koffein auf Frühgeborene hat.

Koffein auf der Frühchen-Station

Ich kann dir nicht sagen, wer zum ersten Mal darauf gekommen ist, extrem kleinen Frühgeborenen pures Koffein in die Venen zu spritzen. Aber ich kann dir sagen, dass diese Idee ziemlich erfolgreich war.

Kranke Frühgeborene können extrem von Koffein profitieren. Neben einer stabileren Atmung wird sogar das Nervensystem geschützt und entwickelt sich besser.

Aber die Frühchen kriegen doch sicher ganz geringe Mengen Koffein?

Oh nein.

Je nach Klinik werden Maximaldosen bis zu 60 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht am Tag gespritzt. Nehmen wir an du, meine Leserin, wiegst 60 Kilo. Das wären also 3,6 Gramm pures Koffein, dass du erhieltest. Das entspricht etwa 40 Tassen Espresso.

Das Koffein von 40 Tassen Espresso. Direkt in deine Vene. Viel Spaß.

Hier findest du eine tolle Übersicht über den Koffeingehalt verschiedener Kaffee- und Teesorten:
https://www.gruenertee.com/koffeingehalt-tee-kaffee/

Natürlich hat das auch Nebenwirkungen für die Frühchen: Ihre Herzfrequenz steigt, sie werden rappelig. Aber viel mehr passiert in der Regel nicht, und das Koffein hilft dabei, ihre Leben zu retten. Und es gibt auch keine Hinweise, dass das im späteren Leben Folgeschäden hinterlässt.

Wenn also Frühchen extrem viel Koffein kriegen – dann kann doch das bisschen Kaffee was du trinkst, nicht schädlich für dein Baby sein?

Nun – man weiß es eben nicht genau.

Ob Malzkaffee, Caro-Kaffee oder echter Kaffee: Beim Stillen schmeckt doch alles gar nicht schlecht.
Na, schon Lust bekommen? (:
Photo von Samer Daboul auf pexels.com

Nach Kaffee Stillen – ist das also gut oder schlecht?

Dankenswerterweise haben sich Aimee McCreedy und KollegInnen im Jahr 2018 die Mühe gemacht, sämtliche Studien anzuschauen, die es zum Thema „Kaffee und Stillen“ gibt. Sie haben wirklich nur nach Untersuchungen gesucht, die beantworten wollten, ob eine erhöhte Koffeinaufnahme in der Stillzeit schlechte Auswirkungen auf Neugeborene oder Säuglinge hat.

Um es kurz zu halten: Sie haben nur fünf Studien gefunden, und zwar keine besonders aussagekräftigen. Die Arbeiten sind entweder alt, oder sie untersuchen Schokolade statt Kaffee (die hat halt noch ganz andere Inhaltsstoffe außer Koffein), oder sie untersuchen nur ganz wenige Mütter, oder sie betrachten nicht die gesamte Koffeinmenge.

Es fanden sich ganz diskrete Hinweise, dass Babys Bauchschmerzen kriegen können, wenn die Mama Schokolade isst. Und dass viel Koffein bei stillenden Müttern zu etwas schlechterem Babyschlaf führen kann. Aber keines der Ergebnisse war wirklich eindeutig.

Um also die Frage zu beantworten, die dich hierher geführt hat – ob du beim Stillen Kaffee trinken darfst: Wahrscheinlich ja. Wahrscheinlich besser wenig. Aber man weiß es nicht genau.

Gibt es denn offizielle Empfehlungen zum Stillen? Oder soll ich nur noch Malzkaffee trinken?

Wenn man googlet, findet man überall die gleiche Empfehlung: 300 Milligramm Koffein pro Tag sind okay. Nirgends steht eine nachvollziehbare Quelle dazu. Schreiben da alle voneinander ab? Erst habe ich überlegt, ob die 300 mg von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung stammen, aber die geben nur 300 mg bei Schwangeren an.

Dann habe ich etwas gefunden: Die European Food Safety Authority sagt, dass „200 mg pro Tag“ sicher sind. Das gleiche behauptet auch der „UK National Health Service“ – die haben ihre „sichere Empfehlung“ für Stillende anscheinend sogar von 300 mg auf 200 mg herabgesetzt.

Die LaLecheLiga sagt, dass bis zu 300mg okay sind und zitiert eine Studie, die ich leider nicht finden konnte.

Und ja – 300 mg Koffein entsprechen etwa 2-3 Tassen Kaffee pro Tag.

Falls du dir Gedanken machst, ob es vielleicht eine „beste Zeit“ zum Kaffee trinken gibt – zum Beispiel Kaffee vor dem Stillen oder danach: Das ist ebenfalls schwierig.

Laut Hebamme Biggi Welter beträgt die Halbwertszeit von Kaffee beim Erwachsenen etwa fünf Stunden, der höchste Wert werde nach einer bis zwei Stunden erreicht. Es ist also sicher möglich, aber auf jeden Fall schwierig, den idealen Zeitpunkt zu finden.

Und was sagt Anastasia, die Stillberaterin? (-:

Ich habe während meiner Weiterbildung zur Still- und Laktationsberaterin gelernt, dass Stillende besser auf Koffein verzichten. Koffein geht nun mal zu einem sehr hohen Anteil in die Muttermilch über, und man weiß nicht genau, was damit wirklich im Kind passiert.

Gleichzeitig sagt die Erfahrung unzähliger Hebammen, Stillberaterinnen, Frauenärztinnen und auch Müttern, dass eine oder zwei Tassen Kaffee am Tag den wenigsten Kindern schaden. Da wird auch was dran sein. Und genauso wenig, wie es Studien gibt, die eine Unbedenklichkeit beweisen, gibt es Studien, die zeigen, dass es schädlich ist, Kaffee beim Stillen zu genießen.

Die Stillberaterin Anastasia will online gar nichts „empfehlen“, aber falls du dich für Kaffee entscheidest, solltest du die Menge auf jeden Fall begrenzen. Du solltest dein Kind beobachten, und wenn du Anzeichen von Unruhe oder Magen-Darm-Problemen feststellst, solltest du die Menge besser wieder runterfahren.

Meine eigene Erfahrung als passionierte vor-schwangerliche-Latte Macchiato-Trinkerin:

1. Die Gemütlichkeit von ausgeschlafenen Sonntagen allein ist eh vergangen.

2. Müde wirst du auch mit Kaffee sein. Dafür sorgt dein Baby schon (:

3. Das allgemeine Latte Macchiato-Feeling lässt sich auch mit Malzkaffe / Caro Kaffee imitieren, oder eben entkoffeiniertem Kaffee.

Also: Stillen und Kaffee trinken – es ist deine Entscheidung!

Zu allen Fragen rund um das Stillen kann ich dir eine Stillberatung in Hamburg wärmstens empfehlen!

Diskussion gefällig?

Ich bin gespannt, was du für Erfahrungen gemacht hast, oder ob du etwas anders siehst, oder gar einen Fehler in meinem Text gefunden hast. Ich freue mich über jeden Kommentar!

Hinweis: Die Infos auf meiner Seite sind nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Trotzdem kann es sein, dass sich Fehler einschleichen, dass Informationen nicht mehr aktuell sind, oder dass Tipps und Infos falsch verstanden werden. Außerdem ist jeder Mensch, und damit auch jede Stillende und jedes Stillkind anders. In keinem Fall ersetzen Artikel im Internet eine persönliche Vorstellung oder Beratung bei einer Ärztin, einer Hebamme oder einer Stillberaterin. Wenn du Sorge um dich, deine Brust oder dein Kind hast, wende dich zeitnah und direkt an eine der genannten Berufsgruppen!

Quellen
– vor allem: Aimee et al, „Effect of maternal caffeine consumption on the breastfed child: A systematic review“, Swiss Med Wkly. 2018;148:w14665
– Koffein in „Drugs and Lactation Database“
– Wikipedia „Kaffee“ und „Koffein“
– European Food Safety Authority: https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/4102
– siehe auch die im Text verlinkten Seiten
– eigene Erfahrungen mit schlaflosen Kindern und endlosem Verlangen nach Kaffee

Interessante weiterführende Links:

noch eine Liste zu Koffeinmengen in Getränken:
https://www.albertahealthservices.ca/assets/info/nutrition/if-nfs-ng-nutrition-for-the-breastfeeding-mother.pdf

Diese Website sagt, dass es bei Babys zu Eisenmangel kommen kann, wenn die Mütter während der Stillzeit sehr viel Koffein zu sich nehmen, ich weiß aber nicht woher die das haben. https://deximed.de/home/b/schwangerschaft-geburtshilfe/patienteninformationen/stillzeit/stillen-und-koffein/

Biochemie des Koffeins etc.
https://www.healthline.com/nutrition/caffeine-and-breastfeeding



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